Unsere Gedanken zu den „10 Tipps zum Einstieg“ ins Social Web des BVDW

Frank Wolf —  9. August 2010 — 2 Comments

Der Bundesverband Digitale Wirtschaft hat am 19.07.2010 das Dokument „Messbarer Erfolg im Social Media Marketing – 10 Tipps für den Einstieg“ veröffentlicht: (Download hier)

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Der Leitfaden behandelt – wie es der Name schon erahnen lässt – vor allem marketingrelevante Belange des Web 2.0 und deren Erfolgsmessung. Meines Erachtens verbergen sich hinter den 10 Tipps kaum Neuigkeiten, die nicht schon in vielen Büchern, Blogeinträgen, Vorträgen und Veröffentlichungen thematisiert wurden. Schön ist es dennoch, gerade für die im Titel adressierten Einsteiger, eine Zusammenfassung zu beachtender Schritte im Social Web zu haben.

Auch wenn der Titel ganz klar darauf hindeutet, dass es sich um ein Paper über Marketingaktivitäten handelt, so möchte ich an dieser Stelle
nicht den Atem verlieren, davor zu warnen, das Web 2.0 einzig als Marketingkanal zu bedienen und den Erfolg allein an quantitativen Kennzahlen zu messen. Die für mich absolut hervorzuhebenden Erfolgskriterien verbergen sich – leider etwas spät – in Punkt 10.

„Berücksichtigen Sie Erfolgsfaktoren von Social Media Kampagnen“

Im Text zu diesem Tipp wird näher auf diese Erfolgsfaktoren eingegangen und ich möchte ausgewählte an dieser Stelle beleuchten und kritisch hinterfragen.

„Zuhören, Verstehen, Handeln: Orientieren Sie sich an diesen erfolgsversprechenden Prinzipien des Social Media Marketings. Seien Sie aufmerksam und verfolgen alle Aktivitäten genau. Hierzu zählen auch Aktivitäten Ihrer direkten und indirekten Wettbewerber.“

Touché, dem ist nichts hinzuzufügen. Wer im Social Web nicht zuhört, kann nicht davon ausgehen, mit seinen (daraus folgenden) Aktivitäten
den Nerv des adressierten Users zu treffen. Der Start von Social Media Aktivitäten muss immer damit beginnen, zuzuhören. Der Nutzer bestimmt das Ergebnis und warum nicht zuhören, um das gewünschte Ergebnis schon vorher zu kennen?

„Bieten Sie einen Mehrwert für Ihre Zielgruppe. Social Media lebt von Beteiligung und Beteiligung wiederum lebt vom individuellen Nutzen. Schauen Sie über den Tellerrand und publizieren Sie nicht ausschließlich rein werbliche Inhalte über eigene Produkte und Dienstleistungen oder das Unternehmen selbst. Bieten Sie Ihren Nutzern regelmäßig ein thematisches Portfolio an relevanten Informationen.“

In dieser Beschreibung ist die wesentliche Information für meinen Geschmack noch nicht genügend hervorgehoben: Bieten Sie NIEMALS rein
werbliche Inhalte im Web 2.0 an. Alles, was Sie publizieren, muss für den Nutzer einen Mehrwert bieten. Ein Verkaufsgespräch in der Fußgängerzone beendet der ins Gespräch Verwickelte schon recht zügig. Ein Klick auf das Kreuz im Browser ist noch weniger kompliziert. Im schlimmsten Fall haben Sie sich durch plumpen Vertrieb im Social Web nicht nur einen Nutzer vergrault; ist dieser Nutzer ein Meinungsführer und Aktiver, wird er seine Enttäuschung in seine Kanäle weitertragen und andere (potenzielle) Kunden damit davon abhalten, mit Ihnen Geschäfte zu machen. Doch es gilt (und ich werde nicht müde, es zu erwähnen): Bietet ein Beitrag Mehrwert, dann darf er auch vertrieblich sein.
Ein Beispiel? Ein Nutzer sucht nach einer Möglichkeit, in Bolivien einen Mietwagen mit Automatik zu mieten. Zählen bolivianische Fahrzeugvermietungen nun zu Ihrem Portfolio und verfügt Ihre Flotte noch dazu über Fahrzeuge mit Automatikgetriebe, dann antworten Sie es dem User. Nett verpackt, versteht sich und mit einem Hinweis, ihm gern weiterzuhelfen. Das werden auch andere Bolivienreisende lesen und dann ist er wieder da, der Longtail.

„Seien Sie authentisch und transparent, nur so erzielen Sie Glaubwürdigkeit und Vertrauen. Gerade in sozialen Medien wird alles andere mit großem negativen „Buzz“ bestraft.“

Okay, auch das Thema „Authentizität“ ist unweigerlich eines der Buzzwords, mit dem Web 2.0 verbunden wird. Und ich will dessen Bedeutung
nicht herunterspielen. Aber sind wir mal ehrlich: was nützt dem User Authentizität, wenn doch die authentischen Inhalte total langweilig sind. Ein Verfasser sollte sich nicht verstellen, aber auch nicht seinen verfassten Text noch drei Mal lesen und selbstreflektierend prüfen ‚war ich auch schön authentisch?’. Wichtig ist, dass ein Unternehmen „mit einer Stimme“ spricht. Verteilen Sie die Verantwortung der Kommunikation im Social Web auf mehrere Mitarbeiter, müssen diese sich an zwingend vorher erstellte Spielregeln halten und dürfen sich – nicht in ihren persönlichen Meinungen – aber in konkreten Unternehmensbelangen nicht widersprechen.

„Planen Sie genügend zeitliche und personelle Ressourcen ein. Im Gegensatz zu klassischen Werbekampagnen erfordert die Moderation der Kommunikation und die Reaktion auf das Feedback der Zielgruppe über den gesamten Kampagnenzeitraum hinweg aktives Handeln. Ohne dies wird kein erfolgreicher Dialog mit der Zielgruppe entstehen. Jede Pflege von Kontakten und potenziellen Kommunikatoren braucht seine Zeit. Planen Sie die notwendige Zeit ein, um in eine Diskussion mit der Zielgruppe aktiv einzusteigen. Legen Sie Ausdauer an den Tag, um durch die Diskussionen ein Netzwerk aufbauen.“

Falls es unter den im Text erwähnten Erfolgsfaktoren einen wichtigsten gibt, dann ist das meiner Meinung nach dieser. Und die Hauptaussage
versteckt sich im ersten Satz. Social Media ist ein Prozess und kein Projekt. Wenn Sie sich entscheiden, mitzuspielen (und Sie tun gut daran, es zu tun), dann müssen Sie zu jeder Zeit dahinter stehen. Denn wenn Sie aus einer positiven Grundstimmung der Nutzer über Sie anfangen, die selbst gesteckten Regeln zu brechen, wird das umso größere Folgen haben, da Ihnen dann schon eine Usergemeinde regelmäßig zuhört und sich mit Ihnen identifiziert. Enttäuschen Sie sie durch „falsche“ Inhalte oder durch Inaktivität, wird sich diese Enttäuschung schnell auf Ihren Ruf im Netz auswirken. „Mal eben einen Twitteraccount einrichten und dann mal schauen, was passiert“ reicht bei den Anforderungen der User heute nicht mehr.

„Beachten Sie die Sprache und die Kommunikationsregeln in den sozialen Medien. Geben Sie allen an der Kampagne involvierten Mitarbeitern entsprechende Social-Media-Richtlinien an die Hand, um Orientierung für den Dialog mit der Zielgruppe zu geben und Fehler zu vermeiden.“

Weiter oben hatte ich diese Richtlinien schon erwähnt. In unterschiedlichen Kanälen herrschen unterschiedliche Sitten und Sie werden in
den einzelnen Kanälen nur anerkannt, wenn Sie deren Gepflogenheiten kennen. Teilen Sie die Informationen, die Sie streuen wollen strikt auf und halten Sie sich an diese Aufteilung. Weitere Punkte dieser Richtlinien können z. B. sein: die Bedienung welcher Kanälen, die Uhrzeit Ihrer Postings, die Ansprache der User („Du“ oder „Sie“), die Reaktionszeit auf konkrete Anfragen, etc.

„Halten Sie den Informationsfluss in Ihrem eigenen Unternehmen über Ihre Aktivitäten in Social Media am Laufen. Involvieren Sie nicht nur Ihre eigene Abteilung, sondern informieren Sie auch die Presseverantwortlichen und bei Bedarf die Rechtsabteilung über Ihre Social-Media-Kampagne.“

Social Media Aktivitäten im stillen Kämmerlein zu planen und durchzuführen ist gefährlich. Ein Großteil Ihrer Mitarbeiter wird privat
bereits sehr engagiert sein im Social Web. Wird er dann z. B. auf XING auf den Twitterkanal Ihres Unternehmens angesprochen und weiß nichts davon, ist das nicht nur gefährlich für die evtl. Auswirkungen seiner Antwort bei XING; sie verspielen damit auch die Chance, einen engagierten Mitarbeiter für die Unternehmenskommunikation zu gewinnen. Social Media Guidelines müssen für alle präsent sein – am schwarzen Brett, im Intranet oder vielleicht sogar gemeinsam entwickelt in einem Unternehmenswiki. Ihre Mitarbeiter sollten sich dazu verpflichten, auch in Ihrem Privatleben im Social Web über Ihr Unternehmen nur so zu sprechen, wie es Ihre Social Media Guidelines vorgeben.

Guidelines erstellen, zuhören, interessante Inhalte bieten, Regeln beachten

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Prozess ins Social Web in gewissen Leitplanken ablaufen sollte. Diese Leitplanken beginnen Sie
durch die Festlegung eigener Social Media Guidelines in Ihrem Unternehmen. Der Sprung ins Getümmel muss dann zwingend damit beginnen, zuzuhören. Und zwar solange, bis Sie der Meinung sind, etwas nutzenstiftendes und interessantes beitragen zu können. Dieser Beitrag muss nach den definierten Guidelines erfolgen und mögliche Reaktionen darauf sollten in die eventuelle Anpassung dieser Guidelines für zukünftige Aktivitäten im Web 2.0 eingehen. Dann beginnt wieder alles von vorn – es ist eben ein Prozess.

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