Es war Freitag, der 16. April 2010. Eigentlich wollte ich morgens nach Frankfurt fliegen, um ein Seminar bei einem Kunden zu halten, doch dann hat mir die Aschewolke einen Strich durch die Rechnung gemacht: alle Flüge waren abgesagt und an Mietwagen oder Bahn war gar nicht mehr zu denken. Kurzerhand haben wir uns dann dazu entschlossen, das Seminar online durchzuführen. Dies war zwar zu Beginn ungewohnt für einige Beteiligte, brachte aber denselben Erfolg wie das ursprünglich angedachte Präsenzseminar.
Ein per Internetbrowser durchgeführtes Seminar nennt man Webinar und kann auch ohne Aschewolke eine gute Alternative zum kostenintensiven Vor-Ort-Termin sein. Trotz des fehlenden „Live-Gefühls“ verschafft ein Webinar mitunter Chancen, die ein Seminar nicht bietet. Jedoch sind einige wesentliche Punkte zu beachten, um es erfolgreich durchzuführen.
1. Die Vorbereitung
Zunächst muss man gründlich prüfen, ob das Thema und die Zuhörerschaft geeignet sind für diese innovative Form der Präsentation. Tiefgreifende technische Erörterungen sind vielleicht weniger sinnvoll als themenorientierte Inhalte wie zum Beispiel eine Präsentation zum Thema Intranet 2.0. Neben der inhaltlichen Vorbereitung (siehe Punkt 2) kann man im Vergleich zu herkömmlichen Seminaren die Möglichkeiten des Internets voll ausnutzen. Der Termin sollte online nebst Anmeldemöglichkeit publiziert werden. Netzwerke wie Xing oder facebook bieten dafür einfache Funktionen an. Dort können inhaltliche und administrative Punkte sowie technische Details wie Zugangsdaten usw. dauerhaft zugänglich gemacht werden. Ein weiterer Vorteil ist, das der Dozent bereits im Vorfeld an den Profilen sehen kann, wer teilnehmen wird und daraus wichtige Ableitungen für den Seminarinhalt machen kann. Noch einen Schritt weiter geht derjenige, der den angemeldeten Teilnehmern bereits Fragen stellt, um noch genauer auf die Wünsche des Auditoriums eingehen zu können. Webinare haben den Charme, nicht auf eine räumlich bedingte Teilnehmerzahl begrenzt zu sein. Durch das Termin-Management zum Beispiel bei Xing, erfahren alle direkten Kontakte des Teilnehmers von seiner Absicht, dem Webinar beizuwohnen und entscheiden sich unter Umständen auch dazu. Wenn man das Webinar samt Audiospur aufzeichnet, kann dieses Video denjenigen dienen, die noch kurzfristig abgesagt haben und kann darüber hinaus zur Weiterverbreitung im Netz auf youtube & Co verwendet werden.
2. Der Inhalt
Bei der Auswahl der Inhalte muss man noch viel mehr als bei Präsenzterminen darauf achten, möglichst unterhaltsame und abwechslungsreiche Medien zu gebrauchen. Es fehlt der Blick in den Saal, in die Augen der Zuhörer um festzustellen, ob man gerade begeistert oder Garant für einen gesunden 30-Minutenschlaf ist. Eine Möglichkeit ist es, möglichst viele bewegte Elemente zu verwenden. Zum Beispiel ist es angenehmer, eine reale Webseite zu sehen als nur einen verpixelten Screenshot. Auch das web2.0 bietet hier viele Möglichkeiten, indem man ad hoc Umfragen einbindet und so die Interaktion zwischen Dozenten und Teilnehmern erhöht. Webinare sollten nicht länger als 30 bis maximal 45 Minuten dauern und vor allem geplante Phasen der Diskussion enthalten. Bei längeren Terminen sollte man spätestens nach der Hälfte eine kurze Pause für Fragen einlegen, um zum einen dem Dozenten eine Verschnaufpause zu geben und zum anderen den Teilnehmern die Chance für Fragen zu ermöglichen.
3. Die Technik
Auch wenn einige Dozenten mit der Inbetriebnahme eines Notebooks samt Videobeamer bereits teilweise überfordert sind, sind die technischen und infrastrukturellen Voraussetzungen an ein Webinar um ein vielfaches höher als die eines Präsenztermins. Eine kurze Generalprobe mit Kollegen ist unverzichtbar, um die folgenden Punkte sicherzustellen:
- Sind die Einwahldaten korrekt, können sich auch ausländische Zuhörer einwählen?
- Sind die Auflösung des Bildschirms und die Tonqualität ausreichend?
- Kann ich die Teilnehmer stumm schalten?
- Funktioniert die Aufzeichnung?
- Läuft der Reserverrechner im Falle eines unerwarteten Systemabsturzes (bluescreen)?
- Sind die Umgebungsgeräusche gering genug oder muss man einen separaten Raum benutzen?
- Sind alle Programme ausgestellt, die automatisch Nachrichten auf dem Desktop einblenden könnten (Outlook, Skype, ICQ, …)?
4. Während des Webinars
Wie bereits erwähnt, kann es Ihnen im Webinar so vor kommen, als würden Sie lediglich mit der Wand sprechen, was nicht besonders motivierend ist. Wesentlich angenehmer ist es, den Termin zusammen mit einer Kollegin oder einem Kollegen durchzuführen. Der Assistent kann mehrere Rollen gleichzeitig ausfüllen: Zum einen hält er dem Dozenten den Rücken frei, indem er zum Beispiel die eingehenden Mitteilungen im Chat bereits vor sortiert und wichtige Fragen ganz einfach per Zettel weitergeben kann. Des weiteren kann er aber auch inhaltliches Feedback geben, da er ja auch ein Teilnehmer des Webinars ist. Im Falle eines technischen Problems sorgt er für die Wiederherstellung, während der Redner die Teilnehmer auf der Tonspur weiter bedienen kann. Bei den meisten Techniken für Webinare gibt es zwischen dem Audio- und Videosignal eine Zeitverzögerung, die zum Teil bis zu 5 Sekunden beträgt. Ein Blick auf den Bildschirm des Assistenten gibt diesbezüglich Sicherheit, gerade im Bezug auf die Sprechgeschwindigkeit.
5. Die Nachbereitung
Es ist üblich, dass die Webinarteilnehmer nachträglich die Präsentation zum Beispiel als pdf zugesandt bekommen. Diese Gelegenheit kann sehr gut dazu genutzt werden, sich für die Aufmerksamkeit zu bedanken und auch auf eventuell bereits geplante nächste Termine hinzuweisen. Selbstverständlich kann die E-Mail auch nochmal zum Feedback sammeln genutzt werden. Ein Verweis auf die oben erwähnten Seiten im web dient dazu, um auch nach dem Webinar den Teilnehmern noch eine exklusive Diskussionsplattform zu bieten. Beispielsweise können bestimmte Themen des Vortrages dort nochmal bewerten werden und für das interessanteste kann ein separater Termin in Aussicht gestellt werden.
Wenn auch Sie schon mal Erfahrungen mit Webinaren gemacht haben, freuen wir uns über weitere Anregungen in den Kommentaren.
Sehr guter Beitrag zum Thema mit wichtigen Hinweisen! Die kann ich nur unterstreichen! Bei uns im Team eHR-Solutions werden auch immer wieder Webinare zu eHR-Themen durchgeführt. Ein wichtiges Learning dabei war es, keinesfalls via W-Lan als Dozent das Webinar durchzuführen, sondern auf jeden Fall „angekabelt“ zu sein. Das erhöht die Durchführungssicherheit immens!
Danke für den gut gegliederten Artikel.
PS. Das der Assistent eine sehr wichtige Rolle einnimmt, kann ich nur bestätigen!
Der Beitrag spiegelt voll und ganz meine ersten Erfahrungen als Referentin aber auch als Teilnehmerin in einem Webinar wieder. Ein Webinar ist auch für mich eine tolle Alternative für Präsenz-Seminare – sofern das Thema passend ist.
Betonen möchte ich, dass der Punkt Technik wirklich nicht zu unterschätzen ist – mit der Tonqualität steht und fällt der Erfolg eines Webinars. Des Weiteren kann ich die Empfehlungen im Punkt 4 nur unterstreichen. Ich würde sogar noch etwas weiter gehen und eine Person ganz und gar für die Moderation des Webinars einplanen. Diese hält dem Referenten den Rücken frei, führt durchs Webinar, hält Zeit und Inhalt im Blick, koordiniert Fragen der Terilnehmer, geht auf technische Probleme selbst ein…
5 Säulen tragen zum Erfolg einer Live-Online-Session (Online-Präsentation, Online-Training, …) bei:
Sprache + Sprechen (Präsentation, Moderation)
Inhalte (und deren Gestaltung, Spannungsbogen, Teilnehmermaterialien)
Interaktion (Einbeziehung der Teilnehmer)
Beherrschung der Technik (Moderatoren + Co müssen das System im Schlaf beherrschen)
Organisation (Vor, während + nach der Session)
10 Tweet-Tipps zum Webinar
Guter Beitrag!
Welche Tools/Anbieter verwendet ihr für eure Webinare und welche postiven und ggf. negativen Eigenheiten habt ihr dabei entdeckt?
@Daniel: Wir verwenden meistens WebEx, mit dem wir eigentlich ganz gute Erfahrungen gemacht haben:
Gute Adminoberfläche
integrierter Chat
Stummschaltung, ganz wichtig
Leider habe ich bisher die interne Recording-Funktion nicht zum Laufen gebracht bzw. mein Rechner hat dann die Arbeit versagt ;-(
Hallo Ulf
Eignet sich WebEx auch für die Präsentation und haptischen Planspielen? Möchte den PreSales-Prozess effizienter gestalten, indem ich Interessierten anhand von einigen Beispielen (also Spielgeld in Spielbehältern auf dem Spielbrett verschieben (ähnlich Monopoly) das Vorgehen zeigen kann. Wichtig ist auch, dass der Interessierte das Spielbrett deutlich erkennen kann. Danke für Feedback