Unlängst gab ich in einem Vortrag folgenden Tipp: Private und berufliche Sichtbarkeit trennen. Neben viel Zustimmung für diesen Hinweis gab es jedoch auch Diskussionen: Steht das nicht im Widerspruch zu unserer Forderung nach absoluter Authentizität?
Wir sind mit Twitter, Facebook und Co immer noch in einer großen Experiementierphase. Alles, was uns begegnet oder in den Sinn kommt, kann gefilmt, fotografiert, aufgenommen, beschrieben und ganz einfach publiziert werden. Diese neue Freiheit wird natürlich intensiv und teilweise exzessiv genutzt. Leider sind die Kanäle und wir als Benutzer noch sehr am Anfang, wenn es darum geht, nach Zielgruppen zu differenzieren.
Werfen wir einen Blick ins Leben 1.0, in die Realität: Erzähle ich all meinen Freunden und Kollegen, meiner Familie und meinen Bekannten die gleichen Dinge, mit gleicher Sprache? Während der Empfänger in unseren Onlinekanälen schon gut filtern kann, spricht der Sender meist zu allen seinen „Zuhörern“.
Im richtigen Leben übernimmt diese Filterfunktion jedoch eigentlich der Sender. Er erreicht damit genau eines: man hört ihm zu. Das ist so, weil er seine Botschaften auf die Interessen des Empfängers abstimmt (Ist das relevant für den anderen?) Wer also Gehör finden möchte, der sollte versuchen auch in der digitalen Welt als Sender bereits zu filtern. Klingt anstrengend, aber wer mittelfristig im Informationsgewitter noch durchdringen will, wird das wohl investieren müssen.
Doch bedeutet eine differenzierte Ansprache das Aufgeben von Authentizität? Kann, wer Privates und Berufliches trennt, noch immer authentisch sein? Muss ich meine Familie, meine Weltanschauung, meine Hobbies offenlegen, um authentisch zu wirken? Es geht um Ehrlichkeit, eine eigene Meinung oder eine natürliche Sprache. Ob damit berufliche oder private Inhalte verbunden sind, ist völlig irrelevant. Ein schönes Beispiel für authentische Kommunikation in einem beruflichen Umfeld ist für mich die australische Softwareschmiede Atlassian. Ein Blick auf die Our Values Seite zeigt schön, wie authentisch sich selbst Unternehmen darstellen können.
Die Frage ist aktuell eher, wie geht es technisch? Wer als Absender bei Twitter schon selbst filtern will, wird sich wohl mindestens zwei Konten anlegen müssen. Facebook bietet mit Listen die Möglichkeit, seine Freunde zu gruppieren und Updates dann nur für bestimmte Listen freizugeben. Obwohl etwas umständlich zu benutzen, kommt das der Anforderung schon recht nahe. Ein zweiter Schritt hin zur besseren Trennung von privaten und beruflichen Meinungen und Identitäten ist geplant, mehr Details dazu auf Socialmediaevolution.
Sollten private und berufliche Sichtbarkeit getrennt werden? Wer sieht das anders? Ich freu mich über Meinungen!
hallo frank,
wie schon nach deinem vortrag besprochen, bin ich auch für die trennung. ein chef filtert bestimmte informationen immer anders als ein freund. das würde ich als chef wahrscheinlich auch tun.
im endeffekt muss man es jedoch jedem selbst überlassen wie er/sie es handhabt und ich wünsche mir, dass diese entscheidung nach trennung oder nicht dann auch akzeptiert wird.
schöne grüße aus berlin.
ricarda
Ich habe private und berufliche Sichtbarkeit von Anfang an getrennt, merke jedoch, dass beiden Welten langsam immer mehr miteinander verschmelzen. Bisher keine negativen Effekte.
Viele Grüße, Alexander Stocker
Ich versuche ebenso die beiden Bereiche voneinander zu trennen und stelle häufig fest, dass es schwirig ist. Tatsächlich läuft es darauf hinaus, dass eine gewisser Anteil Privates in den beruflichen Beiträgen und umgekehrt erscheint, wenn man das Social Media Kommunikation betreibt.
Ich finde „Trennen“ ist als Begriff zu strikt formuliert. Ich würde es vielleicht „moderieren“ nennen. Filtern ist auch okay.
Ich kann mit Kollegen meist besser arbeiten, die ich auch als private Person besser kenne. Sicherlich nicht in allen Details… Das muss nicht sein.
Ich habe ein Facebook Account, welches ich ursprünglich nur privat genutzt habe. Seit langem aber verknüpfe ich mich da auch mit Kollegen und Geschäftspartnern und schätze es sehr, sie damit auch besser kennenzulernen.
Ich nutze aber auch die Möglichkeit, manche Botschaften nicht an alle zu senden.
In Twitter habe ich tatsächlich 2 Accounts. Eins nur zum ungestörten probieren, wie manche Firmen eigentlich auf Twitter reagieren (falls überhaupt). Hier gibt es auch keine Möglichkeit nach Gruppen zu unterscheiden…
Insofern stimmt schon, „filtern beim Senden“ ist auch online angesagt – aber nicht im Sinne von strikt „Trennen“. Ich möchte mein Leben nicht strikt in Arbeit und Privat trennen 🙂
Eine ganz andere Anmerkung: Die vielen schönen Flickr Bilder die hier verwendet werden unterliegen scheinbar voll dem Copyright der Autoren und sind nicht Creative Commons lizensiert. ich halte das für risikoreich und hochgradig illegal, was da geschiet. Und bevor ein Abmahner daherkommt, vielleicht nochmal über die Rechtslage informieren.
Hallo Frau Sorglos, wir prüfen eigentlich alle Bilder die wir verwenden auf die Lizenzbestimmungen oder wir nutzen gekaufte Bilder. In dem Fall ist hier tatsächlich ein Fehler passiert. Vielen Dank für den Hinweis!
Frage: „Doch bedeutet eine differenzierte Ansprache das Aufgeben von Authentizität? “
Antwort: Aus meiner Sicht nicht. Im Alltag kommunizieren wir doch auch, je nachdem mit wem wir sprechen, den jeweiligen Rollen entsprechend. Im Büro habe ich eine andere Rolle inne wie als Freund oder Sohn. Nur weil ich nicht alle Rollen gleichzeitig lebe, bin ich doch nicht weniger authentisch. Umgekehrt formuliert kann man wohl schlecht alle Rollen gleichzeitig ausleben. Warum also der Anspruch in Bezug auf Mediennutzung? 😉
Viel wichtiger finde ich allerdings die Frage nach Trennung von Beruf und Privat. Ich nutze SM nun schon wieder über 4 Jahre. In der Zeit hatte ich noch nie ein Problem. Zeitweilig war mein Facebook-Profil sogar ganz offen geschaltet, absichtlich. Mit dem Ende der Selbständigkeit machte ich es wieder nicht-öffentlich. Kürzlich fügte ich eine Kollegin hinzu, und prompt dauerte es nur 2 Wochen, bin mich der erste schon „warnte“, meine Inhalte kämen nicht so gut an. Aha. Konsequenz: ich trenne auf Facebook jetzt privat strikt von Geschäft – keine Kollegen mehr, kein Ärger 🙂