Wie misst man den Nutzen von Social Collaboration?

Frank Wolf —  20. Juni 2013 — Kommentieren

Die Überzeugung, dass mit Social Intranets und Social Collaboration die Arbeitsproduktivität erhöht wird, ist weit verbreitet. Dennoch erregt kaum ein Thema die Gemüter nachhaltiger, als die Diskussion um den Nachweis des Nutzens von Social Collaboration. In einer Diskussion in einem Intranet-Arbeitskreis wurde unlängst festgestellt, dass von ca. 25 Unternehmen in lediglich einem ein Use Case so gerechnet werden konnte, dass daraus ein Business Case entsteht. Bei aller Schwierigkeit: Wie kann man sich dem Thema ROI und Nutzen von Social Collaboration praktisch nähern?

Das Thema ist nicht neu:

Die Erfordernis, einen Business Case zu beschreiben, bietet die wesentliche Chance, Mehrwerte gezielt zu identifizieren und nachzuverfolgen. Ein Social Enterprise ist für sich kein Ziel – es kommt auf den spezifischen Nutzen für das Unternehmen und seine Mitarbeiter an. Die Studie „Social Collaboration in Deutschland, Frankreich und Großbritannien 2013“ von Pierre Audin Consultants hat unlängst vier Bereiche identifiziert, die von den Fachbereichen als Handlungsfelder für Social Collaboration gesehen werden: Innovationsfähigkeit, Produktivität, Vernetzung und Management. Diese vier Bereiche könnten eine Struktur vorgeben, in der Erfolgversprechendes gesucht und gefördert wird. Dies ist im Kern unternehmerisches Handeln, für das Controlling und Monitoring eingesetzt wird.

Architektur eines Monitorings für ein Social Intranet

Für Social Intranets sind wesentliche Instrumente des Monitorings die Auswertung von Logs und Nutzerbefragungen. Während die Auswertung von Logs in manchen Unternehmen aus datenschutzrechtlichen Erwägungen nur eingeschränkt möglich sind, bieten Nutzerbefragungen viele Möglichkeiten. Diese können auf die Gesamtplattform bezogen werden oder auf spezifische Nutzenelemente fokussiert werden, wie z.B. die vier o.g. von Fachbereichen priorisierten Handlungsfelder. Den Handlungsfeldern können Use Cases oder Zielsetzungen zugeordnet werden, die konkret gemonitored werden können.  Denn die Antwort auf die Frage: „Beschleunigt Social Media den Zugriff auf Wissen im Unternehmen?“ wird unkonkreter sein als die Einschätzung zur Aussage „In unserem Social Intranet werden Fragen immer schnell beantwortet“. Die Zuordnung von Use Cases ermöglicht Abfragen zu Handlungsbereichen auf konkretem, nachvollziebarem Niveau. Zudem hilft die Zuordnung, den Schwerpunkt des Monitorings auf bestimmte Handlungsfelder zu fokussieren.

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Abbildung 1: Handlungsfelder und zugeordnete Use Cases

Die Systematik zur Ableitung von Befragungselementen ausgehend von einem Handlungsfeld via Use Case zu Funktionen zeigt Abbildung 2. Dabei gibt es in jedem Handlungsfeld in der Regel mehrere fachliche Use Cases. Meist bilden mehrere Funktionen einen fachlichen Use Case ab. Die Aggregation zur Nutzenaussage erfolgt dann über Durchschnittbildung oder Index-Funktionen. Zu beachten ist auch, dass Funktionen für mehrere Use Cases eine Rolle spielen können.
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Abbildung 2: Ableitung von Abfrage-Elementen und Aggregation zur Nutzenaussage

Monitoring auf den Reifegrad anpassen

In einem unserer aktuellen Projekte wird ein Nutzennachweis gefordert, obwohl die Social Collaboration Plattform erst seit Kurzem am Start ist und die Durchdringung im Unternehmen gemäß der gewählten Einführungsstrategie noch vergleichsweise gering ist. Eigentlich ist die Plattform nicht nicht „reif“ für eine Abfrage des Nutzens.

Folgende Überlegung bringen wir ins Spiel: Kann ein Stimmungsbild und die Erwartungshaltung der Nutzer bei der Nutzenargumentation helfen? Sollte unabhängig vom Zeitpunkt einer Messung die Chance genutzt werden, systematisch Key Performance Indikatoren zu erheben und als eine Grundlage für die Steuerung von Aktivitäten im Change Management und Enabling genutzt werden? Das Befragungsdesign wird in Abhängigkeit von der Reife der Plattform erstellt.

Als Grundlage für die Auswahl von Fragestellungen für eine Nutzerbefragung kann ein Mapping zwischen Use Cases, z.B. Vernetzung mit Kollegen, und Dimensionen des Feedbacks, Nutzererwartung, Bekanntheit, Nutzung, … – siehe Abbildung 3, dienen. Die Antwort auf die Nutzenfrage wird systematisch erarbeitet, indem Fragestellungen zu den Use Cases an den Dimensionen des Feedbacks entlang entwickelt werden. So wird in einem Stimmungsbild die Nutzenerwartung beispielsweise mit einer Frage „Welche Aussagen spiegeln Ihre Erwartungen am besten wieder? … erhoben.

In der Abbildung 3 sind Vorschläge für die Schwerpunkte der jeweiligen Erhebungen mit einem grünen Punkt gekennzeichnet. Der Vorschlag soll die Möglichkeit eröffnen, mit einem frühen Stimmungsbild in eine systematische Feedback-Erhebung einzusteigen. Mit der Fortführung der Systematik in späteren Befragungen ist die Argumentation bis hin zum Nutzen von Use Cases aus Sicht der Nutzer möglich. Der Reifegrad der Plattform wird also bei der Erstellung der Abfragen berücksichtigt. Je näher ein Use Case an der operativen Arbeit ist, desto näher ist diese Nutzenargumentation an einem echten Business Case.

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Abbildung 3: Mapping Use Case und Dimensionen des Feedbacks

Die Erhebung eines ersten Stimmungsbildes enthält andere Fragen als eine Nutzerbefragung zu einem späteren Zeitpunkt. Abbildung 4  enthält exemplarisch Fragestellungen für den Use Case „Vernetzung mit Kollegen“ in den für das Stimmungsbild relevanten Dimensionen des Feedbacks.

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Abbildung 4: Exemplarische Fragestellungen zum Use Case „Vernetzung mit Kollegen“ in einem ersten Stimmungsbild

In der Umsetzung kann ein Mapping von Use-Cases auf Dimensionen des Feedbacks aufzeigen, auf welche Weise eine Nutzenargumentation weitergeführt werden kann. Es ist nicht erforderlich, vom ersten Tag an, Anwenderaussagen zum Nutzen von Social Collaboration zu erheben. Nicht vom ersten Augenblick an wird das Nutzenpotiential einer Social Collaboration Plattform im Unternehmen vollständig erschlossen. Ein frühes Stimmungsbild kann Hinweise geben, an welchen Stellen das Enabling der Nutzer noch intensiver durchgeführt werden sollte oder welcher Use Case für das Unternehmen vielleicht auch gar nicht relevant ist. Im Sinne des Controllings eröffnet das Stimmungsbild die Möglichkeit, Steuerungsmaßnahmen zu ergreifen, damit Ziele erreicht werden können.

Bei regelmäßiger Anwendung des Instruments Nutzerbefragung komplettiert sich das Bild. Nutzererwartungen können mit später geäußerten Nutzen-Bewertungen verglichen werden. Aussagen zu Bekanntheit, Nutzung und Zufriedenheit erklären den Status und geben vielfältige Ansätze zur Erklärung und zur Entwicklung von Maßnahmen als Follow-Up zur Befragung.

Die Diskussion um den Nachweis des Nutzens von Social Collaboration sollte eigentlich umgehend in folgende Fragen umgeleitet werden:

  • In welchen Bereichen bestehen die größten Nutzenpotentiale von Social Collaboration im Unternehmen?
  • Wie gut funktionieren die Use Cases sowie die erforderlichen Funktionen in der Social Collaboration Plattform im Unternehmen? Was bringt den Nutzern in ihrem Arbeitsalltag Vorteile, was nicht?
  • Welche Maßnahmen werden umgesetzt, damit Social Collaboration noch besser funktioniert?
  • Welche Ziele müssen angepasst werden und was wird getan, um diese Ziele zu erreichen?

Damit wird die Diskussion produktiv auf das Ziel gelenkt, Social Collaboration im Unternehmen proaktiv erfolgreich zu gestalten. Unternehmen, die diese Herausforderung annehmen, werden früher die Früchte von Social Collaboration ernten können.

 

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